Geschichte der Boule-Spiele
Einige Passagen des Textes sind entnommen aus dem 1981 erschienenen Buch
„Jeux de Boule – Pétanque und andere Kugelspiele“ von Michael Hornickel, Verlag Klaus Guhl, ISBN: 3882203250. Es war das erste deutschsprachige Buch zum Thema Boule und Pétanque.
Boule oder Pétanque?
Boule heißt auf deutsch schlicht und einfach „Kugel“. Im Laufe der Zeit entwickelten sich vor allem in Frankreich verschiedene Kugelspiele. Die populärste Variante dieser „Jeux de Boules“ ist Pétanque, das auch in Deutschland gespielt wird. Streng genommen müßten wir uns Pétanque-Club nennen, doch die Bezeichnung Boule-Club ist im deutschen Sprachraum geläufiger und hat sich allgemein durchgesetzt.
Zur Geschichte der Boule-Spiele
Die Entwicklung der Boule-Spiele reicht Jahrhunderte zurück. Ihren Anfang nahmen sie in Form unterschiedlicher Kugelspiele, die in zahlreichen Ländern von allen Schichten der Bevölkerung ausgeübt wurden. Schon im 13. Jahrhundert wurde in Frankreich mit Holzkugeln Boule gespielt. Hierbei ging es darum, die Kugel möglichst nahe an ein Ziel zu plazieren, entsprach also in etwa den heutigen Versionen. 1369 verbot Karl V. dieses Spiel, weil er die Staatssicherheit gefährdet sah, da die Soldaten anstatt Bogenschießen zu üben, ihre Freizeit dem Boule-Spiel widmeten. Die Pariser Synode von 1697 untersagte allen Geistlichen, in der Öffentlichkeit Boule zu spielen.
Genauso wie das Spiel verfolgt wurde, gab es andererseits auch öffentliche Unterstützung. Die berühmte Fakultät von Montpellier bestätigte im 16. Jahrhundert den Wert des Boule-Spiels für die Gesundheit: „Es gibt keinen Rheumatismus oder andere ähnliche Leiden, die nicht durch dieses Spiel vereitelt werden können, es ist für jede Altersstufe geeignet:“ Ludwig XI. wußte das auch und spielte häufig Boule, und der bekannte Generalfeldmarschall Turenne galt als unschlagbar.
Die Popularität des Spiels stieg im 19. Jahrhundert stark an. Es wurde nicht mehr nur auf Wiesen außerhalb der Stadt gespielt, sondern überall, wo Platz war, in den Straßen und auf den Marktplätzen.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann man in Lyon das „Boule Lyonnaise“ zu spielen. 1894 wurde dort auch der erste Wettbewerb veranstaltet, bei dem über 1000 Spieler drei Tage lang um die Plätze rangen. 1906 wurde der erste Verband gegründet.
In Italien entwickelte sich eine weitere Version, das „Boccia“. Gespielt wird auf 4,50 m breiten und 28 m langen, speziell präparierten Plätzen. Die Kugeln sind aus Holz und haben unterschiedliche Farben, um sie auseinderhalten zu können. Im Jahre 1898 wurde in Turin der erste Boccia-Verband gegründet.
In Frankreich gibt es heute einige unbedeutende regionale Spiele sowie das bereits erwähnte „Boule Lyonnaise“, das „Jeu Provencal“ und das jüngste, aber heute populärste aller Boule-Spiele: „Pétanque“. Die Spielidee ist immer die gleiche, es wird versucht eine oder mehrere Kugeln näher an eine Zielkugel zu plazieren als der Gegner. Unterschiedlich sind die Spielregeln, das Gewicht der Kugeln und die Abmessungen des Spielfeldes.
Die bekanntesten Boule-Spiele
Das Boule Lyonnaise
Das Ende des 19. Jahrhunderts aufgekommene Spiel wird heute in großen Teilen Frankreichs praktiziert. Es ist jedoch nicht so populär wie Pétanque, u.a. weil für Boule Lyonnaise ein großer, besonders präparierter Spieluntergrund benötigt wird. Man spielte zu Beginn – wie schon im Mittelalter – mit Holzkugeln. Diese waren, um eine höhere Widerstandsfähigkeit zu erhalten sowie um rund zu laufen, mit Nägel beschlagen. Ab 1923 wurden die Kugeln aus einer Bronze-Aluminium-Legierung hergestellt, heute sind sie hauptsächlich aus Stahl. Ihr Durchmesser muß zwischen 9 und 11 cm liegen, und sie müssen ein Gewicht zwischen 900 und 1400 g aufweisen. Die Zielkugel muß innerhalb einer Zone zwischen 12,5 und 19,5 m zum Liegen kommen. Für die Ausführung des Wurfes hat der Spieler 7 m zur Verfügung, in denen er Anlauf nehmen kann. Das Boule Lyonnaise ist eine sehr sportliche Form des Boule-Spiels. Es gehört viel Training dazu, eine knapp 1,5 kg schwere Kugel über eine Distanz von bis zu 19,5 m zu werfen und damit noch eine gegnerische Kugel zu treffen.
Das Jeu Provencal
Das Boule Lyonnaise wurde immer bekannter, machte sich auf den Weg die Rhône abwärts und erreichte schließlich das Mittelmeer. Dort angekommen, wurde dem Reglement erst einmal die Strenge genommen, und die Kugeln wurden kleiner und leichter (zwischen 600 und 900 g). So entstand ein neues Kugelspiel in der Provence und wurde deshalb „Jeu Provencal“ genannt.
Auch hier ist viel Bewegung mit im Spiel. Beim Punktieren macht der Spieler aus einem Abwurfkreis heraus einen großen Ausfallschritt nach rechts oder links und zieht das andere Bein nach. Die Kugel muß gespielt werden, bevor das Nachziehbein den Boden berührt, es wird also auf einem Bein stehend geworfen. Man muß gleichzeitig ein Gleichgewicht finden und die Kugel bis zu 22 m weit gezielt werfen. Beim Schießen nimmt der Spieler drei Schritte Anlauf aus dem Kreis und schießt die Kugel auf einem Bein stehend ins Ziel. Diese Art des Boule-Spiels ist wie seine Lyoner Variante sehr anspruchsvoll.
Das Pétanque
Das Spiel entstand im Jahre 1910 in La Ciotat, einem kleinen Städtchen an der Côte d´Azur. Ein sehr guter, schon etwas älterer Spieler des Jeu Provencal mußte zuschauen. Sein Rheuma plagte ihn, und er konnte weder den Ausfallschritt vollziehen noch konnte er die drei Schritte Anlauf zum Schuß nehmen, zu stark waren seine Schmerzen. Dennoch wollte er seinen Sport nicht aufgeben, und es kam ihm die Idee, die Wurfdistanz um einiges zu verkürzen und zudem ohne Anlauf im Stehen zu spielen. Man stand in einem Abwurfkreis und spielte auf eine Entfernung von 6 bis 10 m. Von der Abwurfposition – man mußte mit geschlossenen Füßen im Kreis stehen – leitete sich auch der Name des Spiels ab. Die Bezeichnung für „geschlossene Füße“ heißt auf französisch „pieds tanqués“, auf provencalisch hieß es „ped tanco“. Diese beiden Wörter sind schon bald zu einem verschmolzen: Pétanque.
Da das Spielfeld keinen strengen Regeln unterzogen wurde, eröffneten sich große Möglichkeiten, dieses Spiel auszuüben. Man war nicht mehr beschränkt auf ein genau eingeteiltes Spielfeld auf einem bestimmten Platz, sondern man spielte auf Plätzen vor Kirchen, in Parks und auf ungepflasterten Dorfstraßen.
Im Jahre 1943 wurde der Boule-Verband, die Fédération Francaise de la Pétanque et du Jeu Provencal (F.F.P.J.P.) gegründet, der in der Zwischenzeit bereits über eine halbe Million eingeschriebene Mitglieder angehören. Auch in den Nachbarländern, wie der Schweiz, Italien, Spanien, Belgien und auch Deutschland gibt es inzwischen Boule-Verbände. Nationale und internationale Meisterschaften werden durchgeführt, und es wird darüber diskutiert, ob Pétanque als neue Disziplin bei den Olympischen Spielen vorgeschlagen werden soll.
Pétanque in Deutschland
Von der Provence aus verbreitete sich Pétanque bald in ganz Frankreich. Das bei uns stationierte französische Militär und viele Touristen brachten das Spiel über den Rhein.
Einige der in der ganzen Bundesrepublik verstreuten Pétanque-Spieler fanden sich zu Clubs zusammen, bis schließlich Anfang der achtziger Jahre der Deutsche Pétanque-Verband (DPV) ins Leben gerufen wurde.
Diese Dachorganisation richtet u.a. Deutsche Meisterschaften aus und ermittelt die Teilnehemr für die alljährlichen Weltmeisterschaften. Der DPV ist Mitglied der Fédération Internationale de la Pétanque et du Jeu Provencal (F.I.P.J.P.) mit Sitz in Marseille.
In mehreren Bundesländer entstanden Landesverbände, so auch der Baden-Württembergische Pétanque-Verband. Zur Zeit existieren in Deutschland mehrere hundert Clubs mit über 10.000 Mitgliedern, allein 3000 davon spielen in den rund 80 Vereinen Baden-Württembergs.
Unser Bundesland wurde in 6 Boule-Regionen eingeteilt. Die Region Rhein-Neckar ist besonders stark vertreten.
Auf Initiative des Boule-Clubs Edingen-Neckarhausen wurde 1991 die Rhein-Neckar-Liga ins Leben gerufen. In den folgenden Jahren zogen die anderen Regionen nach. Unter der 1996 eingerichteten Oberliga wird in 6 Regionalligen und zahlreichen Bezirksligen gespielt.
Regeln
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Pétanque ist eine Sportart, in der zwei Mannschaften gegeneinander spielen, und zwar
- 3 Spieler gegen 3 Spieler (Triplette)
- 2 Spieler gegen 2 Spieler (Doublette)
- 1 Spieler gegen 1 Spieler (Tête-à-tête)
Beim Triplette hat jeder Spieler zwei Kugeln, beim Doublette und beim Tête-à-tête jeder Spieler drei Kugeln zur Verfügung.
Die Eisenkugeln haben einen Durchmesser von 7,05 bis 8,00 cm und ein Gewicht von 650 bis 800 Gramm. Sie besitzen eine Art „Nummernschild“, eine gestanzte Zahl/Buchstabenkombination, um Verwechslungen zu vermeiden.
Vor Beginn des ersten Durchgangs wird ausgelost, welche Mannschaft das Ziel (eine kleine Holzkugel von 25 – 35 mm Durchmesser) zuerst werfen darf. Ein Spieler dieser Mannschaft zeichnet einen Kreis auf den Boden (35 – 50 cm Durchmesser), aus dem die Zielkugel – auch Schweinchen genannt – auf eine Entfernung von 6 – 10 m geworfen wird.
Die gleiche Mannschaft wirft nun eine erste Kugel, dem Ziel so nahe wie möglich. Beim Wurf müssen die Füße des Spielers innerhalb des Kreises sein und Bodenkontakt behalten, bis die gespielte Kugel den Boden berührt.
Mannschaft B versucht nun, eine Kugel dem Ziel noch näher zu bringen – ist ihr das gelungen, versucht Mannschaft A diese Kugel zu überbieten…und so fort, bis alle Kugeln gespielt sind.
Hat eine Mannschaft keine Kugeln mehr, versucht die andere Mannschaft ihre Kugeln so zu plazieren, dass sie näher am Ziel liegen als die dem Ziel am nächsten liegenden gegnerischen Kugeln. Denn jede Kugel einer Mannschaft, die dem Ziel näher liegt als die bestplazierte des Gegners zählt einen Punkt.
In einem Durchgang wird also mindestens 1 Punkt vergeben (wenn bereits die zweitnächste Kugel die eines Gegners ist) und im Extremfall gibt es 6 Punkte, wenn eben alle Kugeln besser plaziert sind als die beste des Gegners.
Die Mannschaft, die den Durchgang gewonnen hat, beginnt den nächsten wie vorher beschrieben.
Das Spiel ist beendet, wenn ein Team 13 Punkte gewonnen hat.